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Hilde Van Mas
1. Blaues Konzert
Der Hammer ohne Meister
In Pierre Boulez’ so bahnbrechendem wie rätselhaften Le Marteau sans maître mutieren die Instrumente zu Singstimmen, während die Sängerin immer wieder eine Klangrolle ohne Text einnimmt. „Sans maître“ – ohne Meister – bedeutet dabei, dass der Komponist zwar die Gesetzmäßigkeiten dieses Schöpfungsaktes erdacht hat, sich das Werk aber wie ein lebendiges Wesen aus einer einzigen kleinen Zelle auf faszinierend labyrinthische Weise selbst generiert.
Programm
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Musikalische Leitung
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MezzosopranLotte Betts-Dean
Pierre Boulez
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„Le Marteau sans maître“ für Alt und 6 Instrumente
Das Konzert
- Spielstätte Halle 424
- Dauer 120 Min
- Altersempfehlung Ab 4 Jahre
Unter der Leitung von Omer Meir Wellber setzt das Philharmonische Staatsorchester Hamburg einen farbenreichen Akzent in die Saison: DIE BLAUE WOCHE. Das neue Festival löst die früheren Akademiekonzerte ab und verbindet einerseits einzigartige Werke und Programme und zeigt andererseits die besonderen Qualitäten unserer Orchestermusiker:innen. In der ersten Ausgabe machen sie Metamorphosen aller Art hörbar – so mutieren beispielsweise im ersten Festivalkonzert mit Boulez so bahnbrechenden und wie rätselhaften Werk Le Marteau sans maître die Instrumente zu Singstimmen, während die Sängerin immer wieder eine Klangrolle ohne Text einnimmt. Das Werk selbst entfaltet dabei auf labyrinthische Weise in seinem Inneren quasi alle seine Eigenschaften aus einer einzigen kleinen Zelle, wie aus der Sequenz unserer Erbinformationen, aus der zuerst ein Embryo und dann alles Übrige entsteht, ohne dass von außen jemand willkürlich einschreitet. Sans maître eben – ohne Meister – was so viel bedeutet, dass der Komponist sich zwar die Gesetzmäßigkeiten dieses Schöpfungsaktes ausgedacht hat, sich das Werk aber ab einem gewissen Punkt wie ein lebendiges kreatives Wesen selbst generiert, eine autonome Morphogenese.
„Zweifellos ist Le Marteau sans maître nicht nur eines der bemerkenswertesten Werke des jungen Franzosen, er verkörpert viel mehr ein ganz bestimmtes – für einen Teil der heutigen Avantgarde typisches – Form-Klang-Ideal. Es ist jenes Ideal einer in Vibratinosgelée getauchten, femininen Sinnlichkeit, einer katzenhaften Hyperraffinesse, wobei die samtweichen Pfoten der Altflöte eine tiefe Frauenstimme streicheln, die jedoch weitaus häufiger von den gespreizten Krallen von Xylorimba, Maracas und Claves gekratzt wird. Das Sadistische manifestiert sich dabei mit seltsamer Besonnenheit, gleichsam in Seidenhandschuhen steckend: Die Leichen werden kaum zerfleischt, wohl aber mit ganz systematischen und sanften Schnitten seziert – wollüstige Betätigung einer ästhetisierenden Grausamkeit, ausgeführt von einem wirklich aristokratischen Folterknecht mit Pinzette statt dem Hackmesser. Die melancholisch-sadistisch-surrealistischen Texte René Chars werden durch die Musik in ein Labyrinth hoher Klagelaute gesogen, in ein immer feiner sich verästelndes Maßwerk graziler Klänge, das nur behutsam zubeißt.“ GYÖRGY LIGETI (1959)
„Zweifellos ist Le Marteau sans maître nicht nur eines der bemerkenswertesten Werke des jungen Franzosen, er verkörpert viel mehr ein ganz bestimmtes – für einen Teil der heutigen Avantgarde typisches – Form-Klang-Ideal. Es ist jenes Ideal einer in Vibratinosgelée getauchten, femininen Sinnlichkeit, einer katzenhaften Hyperraffinesse, wobei die samtweichen Pfoten der Altflöte eine tiefe Frauenstimme streicheln, die jedoch weitaus häufiger von den gespreizten Krallen von Xylorimba, Maracas und Claves gekratzt wird. Das Sadistische manifestiert sich dabei mit seltsamer Besonnenheit, gleichsam in Seidenhandschuhen steckend: Die Leichen werden kaum zerfleischt, wohl aber mit ganz systematischen und sanften Schnitten seziert – wollüstige Betätigung einer ästhetisierenden Grausamkeit, ausgeführt von einem wirklich aristokratischen Folterknecht mit Pinzette statt dem Hackmesser. Die melancholisch-sadistisch-surrealistischen Texte René Chars werden durch die Musik in ein Labyrinth hoher Klagelaute gesogen, in ein immer feiner sich verästelndes Maßwerk graziler Klänge, das nur behutsam zubeißt.“ GYÖRGY LIGETI (1959)
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