Vom Gestalten und Bewahren

Die neuen Foyers der Hamburgischen Staatsoper

Das kennen Sie sicher auch: Sie schätzen das Bewährte, Gewohnte, das Bestehende. Aber die Welt steht nicht still, die Zeit umarmt den Fortschritt, Menschen kommen in Bewegung, bringen in Bewegung. Drum schöpfen auch Sie Neues, gehen Visionen auf den Grund, wagen Veränderung, gestalten …
 

„Den Neuanfang sichtbar machen und zugleich die Qualität und Geschichte des Gebäudes bewahren“, beschreiben Staatsopernintendant Tobias Kratzer und Generalmusikdirektor Omer Meir Wellber gemeinsam mit dem Hamburg Ballett ihren Wunsch zur Neugestaltung der Foyers am Dammtor – als visuellen Rahmen für den Aufbruch in eine neue künstlerische Schaffensphase der Hamburgischen Staatsoper, kurz vor ihrem 350-jährigen Jubiläumsfest. So kann zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen Wertschätzung und Innovation auch im Vorzimmer zu einem Ort, an dem die Kunst mit der Welt fusioniert und die Welt mit der Kunst, Magie entstehen.
 

Transparenz & Austausch


Für die Foyers der Hamburgischen Staatsoper heißt das: in die architektonischen Traditionen der 1950er- und 2000er-Jahre zeitgenössische Akzente zu setzen, dadurch sowohl historische Bezüge zu würdigen als auch den Raum für Diskussion wie künstlerische Auseinandersetzung zu öffnen. Auch hier: der Aufbruch in eine neue Ära.


Hand in Hand mit der neuen Leitung haben der international renommierte Bühnenbildner RAINER SELLMAIER und die Hamburger Designagentur THE STUDIOS – EXCELLENCE IN BRAND DESIGN unter Reaktivierung der ursprünglichen Raumkonzepte aus den 50er-Jahren diese Idee sinnlich in Form gebracht. Die Glasfassade mit ihren goldenen Säulen setzt sich nun wieder in den mit Tresen bestückten Foyers fort, verbindet Innen mit Außen, verbildlicht Transparenz und Austausch zwischen Staatsoper und Stadtgesellschaft, uns und Ihnen allen.
 

Sie stehen drauf


Als pochendes Herzstück haben wir die in Hamburg arbeitende Künstlerin JORINDE VOIGT gebeten, Ihnen im Parkettfoyer ein Bodengemälde zu Füßen zu legen. Genau wie seine international ausgezeichnete Schöpferin verbindet es Musik, Architektur und bildende Kunst. Es heißt wie das, wofür es steht: Potential.                   


„Die Arbeiten von Jorinde Voigt verbinden algorithmische Präzision mit expressiver Handschrift. Sie machen Mechanismen der Wahrnehmung sichtbar und eröffnen Räume für künstlerische Auseinandersetzung und Begegnung.“ Jesi Khadivi, Kuratorin


Jorinde Voigts Auftragsarbeit, aber auch die von Rainer Sellmaier entworfene Framing Hall und die Gallery Wall laden gleichermaßen zur Beschäftigung mit den Produktionen der Spielzeit 2025/26 und der Historie des Opernhauses ein als auch zu Gedanken über den Einfluss der Kunst auf unsere Gesellschaft.


Selbstverständlich steht die Funktionalität der Ästhetik in nichts nach: Alle Arbeiten verbinden Denkmalschutz mit modernen technischen Anforderungen.


Wünsche, das wissen wir alle, können oft nur mit großartiger Unterstützung realisiert werden: Wir danken der Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper.

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Prisca Kranz

Für alle, die noch mehr wissen möchten:

 

Jorinde Voigt

ist eine multidisziplinäre bildende Künstlerin mit Sitz in Berlin. Von 2014 bis 2019 lehrte sie an der Akademie der Bildenden Künste München. Derzeit ist sie Professorin für Konzeptionelles Zeichnen und Malerei an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. In ihrer künstlerischen Arbeit beobachtet und untersucht Voigt innere Wahrnehmungsprozesse in Bezug auf unterschiedliche Aspekte und Themen wie Affekte und Emotionen, Vorstellungskraft, Erinnerung, sinnliche Erfahrung, natürliche und kulturelle Phänomene, wissenschaftliche Daten sowie zwischenmenschliche Handlungen und Beziehungen. Seit ihren frühen Arbeiten verfolgt Voigt einen analytischen Ansatz, bei dem sie ihre Sujets als dynamische Konstellationen versteht, deren innere Verfasstheit sich fortwährend wandelt. Im Rahmen eines konzeptuellen Ansatzes hat sie ihr Werk in den letzten Jahren über das Medium der Zeichnung hinaus erweitert und mit malerischen Elementen, Collage, Skulptur, Design und Musik experimentiert.

 

Neue Räume für Begegnung und Austausch

 

Eingangsfoyer:

Neu gestaltete Tresen im Eingangsbereich für Abendkasse und Programmheftverkauf nehmen die Atmosphäre der 1950er-Jahre auf. Die Abendkasse ist zurück ins Foyer gerückt – ein Detail, das Komfort und Service für das Publikum deutlich verbessert.

 

Parkettfoyer:

Jorinde Voigt hat eigens für das Parkettfoyer der Staatsoper ein immersives Bodengemälde kreiert, Potential. Dafür hat Voigt zeichnerische wie malerische Elemente ihres Schaffens nach den Dimensionen des Foyers komponiert sowie in neuen Materialien und Techniken umgesetzt. In den Arbeiten Voigts geht es um „Potentiale“ in vielfacher Hinsicht – auch jene von Kunst, die Dynamik sozialer Situationen zu informieren. Das Bild wird zum kollektiv geteilten Spielfeld, rhythmisiert den Raum und eröffnet so ganz neue Erfahrungsweisen unserer Begegnungen. Indem die Besucher:innen das Foyer und somit Jorinde Voigts Bodengemälde betreten, werden sie selbst Teil der Kunst, prägen und vervollständigen mit ihrer Erscheinung die Wirkung des Werkes. Potential wiederum prägt die Gespräche und Wahrnehmung der Besucher:innen und des Raumes.

 

Die Gallery Wall reflektiert die reichhaltige fast 350-jährige Geschichte der Hamburgischen Staatsoper. Große Persönlichkeiten, die am Haus gewirkt haben – von Händel und Telemann bis Peter Ruzicka und Simone Young – werden hier in einer Portraitgalerie versammelt. Die Geschichte des Hauses wird konkret sichtbar, wobei die Gallery Wall Gesprächsanlässe schaffen soll, aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Die Galerie in Petersburger Hängung umfasst weiterhin auch das bekannte Portrait von John Neumeier im Zentrum.

 

Treppenaufgänge:

Auf spielerische Weise werden Geschichte und Programm des Hauses auch in den Treppenaufgängen visuell reflektiert und dabei buchstäblich neu beleuchtet. Mit den Leuchtröhren in den dortigen Schaukästen wird hierbei auch die jüngere (Umbau-)Historie des Hauses offengelegt und die „Technik dahinter“ zu einer installativen Intervention. Neue Farbakzente gliedern den Weg des Publikums durch die Stockwerke.

 

Zweiter Rang:

Mit der temporären von Rainer Sellmaier erdachten Rauminstallation Framing Hall wurde ein Ort im Foyer geschaffen, der als Diskursraum, Bibliothek und zu Stückeinführungen dient. Sie bietet Sitzgelegenheiten und ein kleines Bühnenpodium. Dort kann sich das Publikum vor der Vorstellung oder in der Pause mit Sekundärliteratur weiter über das reichhaltige Repertoire und die Vorstellungen informieren. Eine architektonisch ausgesprochene Einladung zur vertiefenden Rezeption.

 

Ein neuer Tresen sowie die spektakuläre, von THE STUDIOS entworfene Lichtinstallation Amplitude greifen in ihrer Formensprache auf historische Elemente der 1950er-Jahre zurück. Amplitude visualisiert eine im Raum schwingende Melodie, deren Wellenform die erste Zeile des Chorals „Verleih uns Frieden“ des in Hamburg geborenen Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy nachzeichnet. Damit verstärkt die Installation die Grundidee der Foyergestaltung: Erleben, Auseinandersetzung und Austausch.

 

Stifter-Lounge (4. Rang):

Eine neue Bar und ein flexibles Möblierungskonzept verdoppeln die Sitzkapazität und machen den Raum vielseitig nutzbar – von Empfängen bis zu Künstlergesprächen. Die Stifter-Lounge verwandelt sich neben ihrer primären Funktion als 4. Rang-Foyer in einen Begegnungsort für Förder:innen, Sponsor:innen und Privatpersonen, die sich in ihrem Engagement für die Oper treffen und austauschen können. Dies war der Opernstiftung ein großes Anliegen und reiht sich in den Wunsch der Intendanz ein, mehrerer dieser Begegnungsorte im gesamten Haus für das Publikum zu schaffen.


Die Umsetzung der Konzeption von THE STUDIOS wurde in Zusammenarbeit mit architare und WALTER KNOLL realisiert, mit teilweise extra für die Lounge entworfenen Möbeln.

 

Hamburg, 8. September 2025